Zur Geschichte der St. Johannes Schützengilde

 

Als ältestes datiertes Zeugnis unserer Schützengilde dient ein silbernes Königsschild aus dem Jahre 1617.Dies ist das älteste und sicherstes datiertes Zeugnis des Vereins.

Man kann jedoch annehmen dass auch die Esteraner Schützengilde noch um einiges älter ist, gleich vielen anderen, nachweislich älteren Schützengilden im Münsterland.

 

Die Gilde im 17. und 18. Jahrhundert

 

Die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges ließen auch in Estern die Schützenfeste ausfallen. Infolge dieser Kriegswirren, Überfällen, Brände und Plünderungen befanden sich viele Höfe und besonders die Städte in einem trostlosen Zustand.

Nach dem Dreißigjährigen Krieges förderte Bernhard von Galen das Schützenwesen im Münsterland. Laut einer Verordnung von 1688 hatten die Kirchspielführer an amtlich festgesetzten Tagen die `waffenpflichtigen Haus- und Kirchspiels- Leute `zu mustern und in Waffen zu üben.

Die Leitung des Schützenfestes oblag vielfach einem oder mehreren Gildeherren, gefeiert wurde meist auf der Deele eines größeren Hofes.

Zwei Königsplaketten von 1695 und 1696 zeugen von dieser Zeit.

Das nächste Königsschild stammt dann erst wieder aus dem Jahr 1730 da Bischof Franz Arnold die `Kirchspielgilden` verboten hatte.

Insgesamt verzeichnete die St.Johannes Schützengilde im 18 Jahrhundert insgesamt 15 Schützenkönige. Wie in Gescher allgemein üblich, konnte jeder Bürger an den Festen teilnehmen und den Vogel abschießen. Dies ist bezeugt mit dem Königsschild von 1753, auf dem Johann Enberdt Präßting ( Johann Engelbert Pröbsting, zusammen mit Elisabeth Schulze Iking aus Estern ) im Kirchspiel Gescher, Burschub Tungerloh, als König ausgewiesen ist.

 

Das 19. Jahrhundert

 

 

Infolge des Untergangs des alten Fürstentums Münster im Jahre 1802/03 und der folgenden Fremdherrschaft konnte die Gilde nach 1800 vorläufig nur 1804 noch ein Fest feiern. Gescher kam unter französische Herrschaft, 1807 hoben die französischen Besatzer die westfälischen Schützengilden insgesamt auf. Sie waren der Meinung dass die Gilden wegen ihrer Sitten und alten Gebräuche nicht mehr dem Zeitgeist entsprächen.

Als Napoleon endgültig besiegt wurde kam unsere Heimat zum Königreich Preußen. Diese Umschichtung brachte viele Schwierigkeiten mit sich. Das Schützenwesen lag völlig danieder. In Estern hatte man jahrzehntelang keine Feste gefeiert und der Sinn für Tradition war eine ganze Generation hindurch verloren gegangen. Durch die Beendigung der Fremdherrschaft und in der Begeisterung der Freiheitskriege 1864/ -66 war das Nationalbewusstsein des deutschen Volkes wieder lebhaft erwacht. Man wurde sich langsam wieder des Wertes bewusst, den das Schützenbrauchtum als lebendige Verbindung von der Vergangenheit zur Gegenwart den Bürgen geben konnte.

Auch die Esteraner Schützen entschlossen sich in dieser Zeit nach 1870 wieder ein Schützenfest zu feiern. Viele Unfälle beim Vogelschießen veranlasste die preußische Regierung dazu eine gesetzliche Maßnahme zu ergreifen sodass ab 1890 ein verantwortlicher Mann die Waffen stellen und das Laden vornehmen oder wenigstens überwachen musste.

Dass die St. Johannes Schützengilde im öffentlichen Leben eine Rolle spielte zeigte sich 1890, als zu Ehren des neuen Bischof von Münster, Hermann Dingelstädt, nach Gescher anlässlich der Firmung kam: zusammen mit den Schützen aus Gescher hielt man eine Parade ab. Zu diesem Zeitpunkt feierte man im zwei Jahres Rhythmus, später auch jedes Jahr.

 

Das 20. Jahrhundert

 

Das Schützenfest 1914 war das letzte in einer langen Friedenszeit. Es kam zum ersten Weltkrieg und viele Esteraner kämpften in der kaiserlichen Armee in Ostpreußen, an der russischen Front, vor Flanderns Küste gegen die Engländer oder an der Marne gegen die Franzosen. Nach der Kapitulation blieben viele Esteraner auf den Schlachtfeldern zurück, die einen in Gefangenschaft, 24 als Tote in den Gräbern fern der Heimat.

Erst 1921 entschlossen sich die Esteraner , trotz des verlorenen Krieges und einer schwierigen wirtschaftlichen Situation die alte Tradition des Schützenfestes wieder aufleben zu lassen. Fiel das Fest 1923 aufgrund der starken Inflation noch aus so feierte man in einigen wenigen noch ruhigen Jahren wieder zusammen.

In Deutschland begann ein neuer Abschnitt: wie überall in Land erfolgten die Gründungen von Ortsgruppen der NSDAP. Die Bestrebengen, die alten historischen Schützenbruderschaften in den deutschen Schützenbund einzugliedern, begannen 1934. Es wurde versucht, die Vereine auf das Niveau wehrsportlicher Schießvereine herabzudrücken. Da nach den Richtlinien der Partei Nichtpartiegenossen kein führendes Amt ausüben durften, musste unter diesen Umständen ein neuer Vorstand gewählt werden. Zu keiner Zeit bestand allerdings der Gedanke, die St.- Johannes Schützengilde ins Vereinsregister eintragen zu lassen. Es blieb bei  einigen vorläufigen Besprechungen und so verliefen die jährlichen Feste fast ungetrübt und altgewohnt.

Nur 1932, zu Beginn des Umbruchs, beschloss man, das Fest ausfallen zu lassen. Einige Offiziere wollten stattdessen den Tag mit einer Fahrt nach Holland verbringen. Die Herrschaften fuhren mit Schulze Ikings neuem Automobil. Aus Protest ließen einige `begeisterte` Schützen von den Schreinern Velken und Sunderum einen Vogel anfertigen und setzten ihn auf die Vogelstange. Eine große Tafel verkündete: `Lasst das Hollandfahren sein, der Vogel will geschossen sein `. Den Vogel beließ man auf dem Platz und mit Ihm ermittelte man den König 1933.

Mitten in einem hochexplosiven Sommer fielen die Vorbereitungen für das Schützenfest 1938. Wer konnte und wollte glauben das dieses Fest einen vorläufigen Schlusspunkt unter einer Reihe von friedlichen Schützenfesten setzte und es für viele das letzte Schützenfest war. In den letzten Augusttagen erhielten viele den Einberufungsbescheid, am 01. September  begann der 2.- Weltkrieg.

 

In den ersten Jahren nach Kriegsende dachte noch niemand daran die Schützentradition wieder aufleben zu lassen. Marschmusik und Gleichschritt waren verpönt, der Besitz von Waffen durch die englischen Besatzer verboten. Hunger und die Ungewissheit über die Zukunft prägten das Bild. Erst mit der Währungsreform am 20.Juni 1948 regte sich wieder ein Funke Hoffnung. Nachdem dann auch die letzten Soldaten und Gefangenen heimgekehrt waren, belebte man in Estern die Schützengilde neu. Die Vorstands - und Offiziersposten wurden auf Zuruf während einer Versammlung in der Esteraner Schule vergeben. Erster Vorsitzender wurde Hermann Schulze Iking, das Amt des Oberst übernahm Werner Deitert. Die Vogelstange stellt man neben der Schule auf. Da Feuerwaffen noch verboten war bestand der erste Vogel noch aus einer Runkel und mit einer Armbrust und einem gedrechseltem Bolzen ging man ihm zu Leibe. Doch in 4 m Höhe trotzte dieser jeglichen Versuchen und so begann man mit Steinen zu werfen. Josef Lütke Sunderhaus gab dem Vogel dann den entscheidenden Stoß und löste damit das elf Jahre amtierende Königspaar Hermann Ening und Johanna Schulze Iking ab. Gefeiert wurde anschließend in der Scheune auf dem Hof Schulze Iking.

Die folgenden Jahre nahmen für das Schützenfest einen ruhigen Verlauf. Der Standort der Vogelstange wechselte einige Male  von der Schule zur Weide von Schroer-Steenkolk an der Brookstrasse, ebenso der Platz des Zeltes in dem jetzt wieder gefeiert wurde. Nach und nach wurde auch das Schießverbot gelockert, so dass zunächst wieder mit Kleinkaliber, später auch mit Schrotgewehr geschossen werden durfte.

Am 5.Feruar 1956 wurde auf der Generalversammlung in der Esteraner Schule eine neue Satzung für die Gilde aufgesetzt. Seit diesem Termin haben wir Aufzeichnungen über alle Begebenheiten vorliegen, was aus der davorliegenden Zeit leider nicht der Fall ist.

Da die Auflagen für die Durchführung des Vogelschießens immer strenger wurden wurde die Vogelstange nunmehr im Wald von Sicking - Heming in unmittelbarer Nähe des Hofes Osterholt aufgestellt. Hier ließen die Gegebenheiten es zu auch weiterhin mit dem Schrotgewehr ohne nötigen Kugelfang zu schießen.

Erstmalig im Jahr 1959 wurde das Schützenfest an 2.- Tagen gefeiert da der Aufwand und die Kosten für nur 1.- Tag zu hoch waren.

Da die alte, aus dem Jahre 1905 stammende Fahne in den Wirren des Krieges stark gelitten hatte - sie wurde auf dem Hof Deitert aufbewahrt und vor Diebstahl geschützt - wurde im Jahre 1963 eine neue Fahne angeschafft. Die alte wurde später restauriert und in den Räumen der Volksbank Gescher ausgestellt.

Am 28: Mai 1967 wurde unter großer Beteiligung der Nachbarvereine das 350 jährige Bestehen der Gilde gefeiert. Das älteste noch erhaltene Königsschild an unserer Königskette weißt das Jahr 1617 aus.

Am 18. Oktober 1968 wurde auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung eine Satzungsänderung beschlossen. Diese war notwendig geworden um ein Grundstück in unmittelbarer Nähe zur Schule zu erwerben. Seither führt unsere Schützengilde den Zusatz `eV´ im Namen.

Am 04. Mai 1975 wurde am ersten Schützenfesttag ein Treffen aller noch lebenden Könige und Königinnen veranstaltet, welches bei herrlichem Wetter einen harmonischen Verlauf nahm.

Da im Jahre 1977 Schwierigkeiten bei der Terminplanung auftraten einigte man sich darauf, ab sofort immer an Fronleichnahm und dem darauffolgenden Tag zu feiern. Diesen Termin halten wir bis heute bei.

Im Jahre 1986 wurde an der Nordseite des Sportplatzes eine Gedächtnisstätte für die Verstorbenen der St.- Johannes Schützengilde errichtet. Es handelt sich dabei um einen Findling mit einer Bronzetafel.

1992 wurde das 375 jährige Bestehen unserer Gilde unter  Beteiligung aller Nachbarvereine mit einen großem Jubelfest gefeiert. Zu diesem Anlass wurde eine Festschrift erstellt. Erstmalig wurde ein Kaiserschießen durchgeführt bei dem sich Hermann Hessing durchsetzte. Zu seiner Mitregentin wählte er Anne Horstick.

Leider verschärften sich 1999 die gesetzlichen Schießbestimmungen sodass die Esteraner Schützen nicht mehr auf Ihre alte Vogelstange schießen durften. Seitdem wurde ein Vertrag mit den Andreas Schützen in Velen abgeschlossen dessen Vogelstange mit Kugelfang nun geliehen und am alten Vogelstangenplatz aufgebaut wird.

 

Das 21. Jahrhundert

 

2007 kam es auf einer Generalversammlung zu einer Satzungsänderung die erlaubt auch Ehemänner von in Estern geborenen Frauen in die Gilde aufzunehmen.

Seit 2011 dürfen auch Mitglieder die Ihren Wohnsitz nicht in Gescher haben in den erweiterten Vorstand gewählt werden.

Auf der Generalversammlung 2014 wurde entschieden das auf Antrag und Entscheidung des Vorstand Personen die nicht aus Estern stammen/ bzw. wohnen Mitglied werden können.